Schleswig-Holsteinischer ZahnÄrztetag 2010
»Der Schmerzpatient«

27. März 2010 | 8.30 - 17 Uhr | Neumünster | Holstenhallen

Herzlich willkommen! > Referenten > Prof. Dr. Jens Christoph Türp > Knirschen - Pressen - Kieferschmerzen

Knirschen - Pressen - Kieferschmerzen


Jens C. Türp


Durch Funktion und Parafunktion werden die Zahnhartsubstanzen einer kontinuierlichen Abnutzung unterworfen. Während die beim Kauen und Schlucken auftretenden physiologischen Zahnkontakte sowie die nahrungsbedingte Abrasion (Demastikation) für den Zahnhartsubstanzverlust heute kaum eine nennenswerte Bedeutung besitzen, kommt im Rahmen parafunktioneller Aktivitäten dem Bruxismus eine herausragende Rolle zu.
Anhaltendes Zähneknirschen führt zum okklusalen Abrieb (Attrition) von Zahnschmelz bzw. Dentin. Klinisch imponieren Schlifffacetten, die in exzentrischer Okklusion spaltfrei aufeinander passen.

Kieferpressen in exzentrischer Kieferposition bzw. nichtachsiale okklusale Belastungen werden als Faktoren für die Entstehung von keilförmigen Zahnhalsdefekten (Abfraktionen) diskutiert. Für diese Annahme sprechen Beobachtungen bei rezenten Menschen und bei Tieren sowie Erkenntnisse aus In-Vitro-Versuchen (extrahierte Zähne, Finite-Elemente-Modelle, spannungsoptische Untersuchungen). Die zervikalen Läsionen können durch „künstliche Abreibung der Zähne durch Bürste und scharfe Zahnpulver“ (Zsigmondy 1873) verstärkt werden.

Neben diesen Veränderungen der Zahnmorphologie kann bruxismusbedingtes heftiges Kieferpressen bzw. Zähneknirschen aufgrund des damit einhergehenden mechanischen Traumas aber auch zu Kieferschmerzen führen. Hierbei geht der Schmerz vom Parodontalgewebe aus; es handelt es sich um einen desmodontalen Schmerz.
Diagnostisch bedeutsam ist die Erkennung der Ursache des Bruxismus von großer Bedeutung. In der Regel ist Knirschen und Pressen eine Folge von Disstress; es kann aber auch die Folge von Erkrankungen oder Einnahme von Medikamenten oder suchterzeugenden Substanzen sein [1,2].

Therapeutisch ist in der Regel eine Kombination aus kausalem (z. B. regelmäßiges Ausüben eines Entspannungsverfahrens) und symptomatischem Vorgehen (z. B. nächtliches Tragen einer Kunststoffschiene) indiziert. Das genaue Vorgehen richtet sich nach der für den Bruxismus im Einzelfall verantwortlichen Ätiologie.


Literatur
1.    Kuliš A, Türp JC. Welche Faktoren stehen mit sekundärem Bruxismus in Zusammenhang? Eine Literaturübersicht (1985-2006). Dtsch Zahnärztl Z 2007;62:793-802.
2.    Kuliš A, Türp JC. Bruxismus – gesicherte und potenzielle Risikofaktoren. Eine systematische Literaturübersicht. Schweiz Monatsschr Zahnmed 2008;118:100-107.



 

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